Sollten Sie gerade eine Reise durch das Salento machen, dann lohnt sich ein kulinarischer Abstecher nach Zollino auf jeden Fall. Die Gemeinde, die exakt 1999 Einwohner zählt, befindet sich auf halber Strecke zwischen Lecce und Otranto, also im Herzen des Salento, dem Zipfel des Stiefels. Oder wie die Italiener ihn nennen, den „Tacco d’Italia“, den Absatz Italiens.
Aber noch bevor es um die Gaumenfreuden geht, die nur hier aufgetischt werden, lohnt es sich über ein paar Besonderheiten die Zollino betreffen zu erzählen. Die Gemeinde liegt nämlich genau in der Mitte der „Grecìa Salentina“ (man achte auf den Akzent), der insgesamt zwölf Gemeinden angehören. Und ja, man ahnt es schon, in dieser Gegend hatten sich vor langer Zeit die Griechen niedergelassen, daher auch die Bezeichnung „Magna Graecia“, und bis heute so manche Spur hinterlassen. Zu diesen zählt auch die Sprache, die hier „Griko“ genannt wird. Doch während die anderen Gemeinden, die Zollino im wahrsten Sinne einkesseln, eine nach der anderen dem Einfluss der italienischen Sprache restlos erlegen sind, wird das Griko hier (zumindest von den Älteren) noch gepflegt.
Dass dies so ist, verdankt man unter anderem einem deutschen Sprachwissenschaftler. Die Rede ist hier von Gerhard Rohlfs (1892-1986), der in Tübingen und München lehrte. Rohlfs widmete ein Leben lang seine Studien dem Griko, dass außer in Zollino noch in einigen kalabrischen Gemeinden überlebt hat. Dass die Sprache fast ausgestorben wäre, auch unter den Bauern, hat damit zu tun, dass ab den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Gebrauch jeglichen Dialekts, und als solcher galt fälschlicher Weise auch das Griko, als Zeichen mangelnder Bildung wenn gar nicht als Beweis eines fortwährend Analphabetismus zeugte.
Es ist aber nicht nur die Sprache, deren Wurzeln eine Zeitreise ermöglichen. Auch die Landwirtschaft zeugt von einer über die Jahrhunderte fortwährenden Tradition. Anders als im Rest der Region, sieht man um Zollino weniger Olivenhaine – nichtsdestotrotz befindet sich hier eine sehr gut erhaltene unterirdische Olivenpresse, „Frantoio ipogeo“ aus dem XVII Jahrhundert – und viel mehr Felder, die mit nur hier zu findenden Hülsenfrüchten bestellt sind: dazu gehören der „Pisello Nano“, die Zwergerbse, und die schwarze Kichererbse, „Cecio nero“. Hie und da trifft man auch auf ein Dolmen und auf eine ganz besondere Art von natürlichen Zisternen. Man nennt sie „Pozzelle“ und sie befinden sich verstreut auf der an den Stadtrand grenzenden Doline. Einst besaß (fast) jede Familie ihre „Pozzella“.
In Zollino gibt es aber auch so manch kulinarische Spezialität, die zu kosten es sich auf jeden Fall lohnt. Allen voran das „Sceblasti“. Auch dieses Wort stammt aus dem Griko und bedeutet „formlos“. Und in der Tat handelt es sich um kleines, flaches und unförmiges Brot. Zubereitet wird es mit dem süditalienischen, hier in der Gegend einst sehr verbreiteten, Hartweizen Senatore Cappelli, Salz, Olivenöl, schwarzen Oliven, Kürbis oder Zucchini, Tomaten, Kapern, Origanum und Chilischoten. Die Zutaten werden zu einem lockeren Teig zusammengeknetet. Dieser kommt dann Löffelweise auf Steinplatten in den Holzofen. Früher war es das erste Brot, das schon bei Morgengrauen gebacken wurde. Die Bauern aßen es zusammen, bevor jeder dann die Arbeit auf seinem Feld aufnahm. Das alljährliche Sceblasti Volksfest, „Sagra della Sceblasti“, findet am 2. und 3. August statt.
Am 24. Juni, findet seit über einem Jahrhundert stattdessen das Sankt Johannis Fest, die „Sagra di San Giovanni“, statt. Einst tauschten sich die Bauern bei dieser Gelegenheit, damals war es jedoch vielmehr ein Markt, ihre landwirtschaftlichen Produkte aus. Heute ist das Fest vornehmlich eine Vitrine der ortsgebundenen Küche. Die wichtigste Zutat sind die Hülsenfrüchte, wie die schon genannte Zwergerbse, die schwarze Kichererbse und eine ganz besondere Sorte von „Fave“ Saubohnen, die man nur hier anbaut.
Wer nicht zu besagten Volksfesten in der Gegend ist, der kann im Restaurant „da Fabio“ einkehren und dort diese Spezialitäten genießen. Und wer sie sich mit nach Hause nehmen will, der bekommt sie bei der örtlichen Genossenschaft Jemma.