Mailand kennen die meisten als Mode- und Designmetropole. Was das Kulinarische betrifft, so haben der weihnachtliche Panettone und der Risotto alla milanese (mit Saffran gewürzt) internationales Renommee erworben, zur Gourmet Metropole reichte es aber bis vor kurzem nicht. Da fuhr man dann doch lieber in die Emilia Romagna (eine Region, die nebst köstlichen Teigwarengerichten auch mit Parmigiano Reggiano-Käse und Prosciutto di Parma-Schinken aufwarten kann) oder in die Toskana und weiter bis in den Süden und dann nach Sizilien.
Doch das Rad hat sich in den letzten drei, vier Jahren stark gedreht, was vornehmlich der 2015 in Mailand stattgefundenen Weltausstellung EXPO 2015 zu verdanken ist. Monate vor der offiziellen EXPO-Eröffnung schossen überall in der Stadt neue Lokale hervor. Immerhin erwartete man Millionen Touristen. Und natürlich spielte auch das Motto eine wichtige Rolle. Dieses lautete nämlich: „Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“, und setzte somit den Focus auf eine nachhaltige Landwirtschaft, auf kurze Lieferketten usw.
Es ist nicht so, dass es davor in der Stadt keine geschätzten Küchenchefs gegeben hätte. Die gab es sehr wohl. Allen voran den international verehrten, mittlerweile jedoch verstorbenen, Gualtiero Marchesi. 1985 bekam sein Mailänder Restaurant, als erstes in Italien, von dem französischen roten Restaurantführer Michelin die von jedem Chef erträumten 3 Sterne. Marchesi selber hatte für längere Zeit in Frankreich in verschiedenen Sternerestaurants gearbeitet. In den 70er Jahren kam er dann in seine Heimatstadt zurück und führte die moderne Küche, oder wie man sie damals nannte, die „Nouvelle Cousine“ ein.
Doch dann legte sich Marchesi mit der Michelin Jury an und beanstandete ihre Bewertungsmethode. Noch 2008 sagte er in einem Interview: „Was mich am meisten entrüstet ist, dass wir Italiener noch immer so naiv sind unsere Erfolge von einem französischen Restaurantführer bewerten zu lassen, der im vorigen Jahr gerade einmal 5 italienischen Restaurants die höchste Sternenzahl anerkannte, während es unter den französischen 26 waren. Wenn das nicht ein Skandal ist!“. Mag sein, dass auch dieser Zwist einer der Gründe war, weswegen Mailand 34 Jahre warten musste, um mit einem seiner Restaurants wieder in der 3 Sterne-Liga mitzuspielen.
Jetzt ist es aber wieder so weit. Im diesjährigen soeben veröffentlichten Michelin-Italia-Führer, hat das Restaurant „Bartolini al Mudec“ die 3 Sterne bekommen.
Wobei es sich beim Restaurant des 40-jährigen aus der Toskana stammenden Enrico Bartolini nicht um ein normales Lokal handelt. Es befindet sich nämlich im 3. Stock des städtischen Museo delle culture (MUDEC), des Museums der Weltkulturen, das im Jahr der EXPO eröffnet und vom Stararchitekten David Chipperfield entworfen wurde.
Bartolini ist nicht unbedingt ein Freund der Avantgarde Küche, er liebt es eher bodenständig. Seine Gerichte stammen aus „Omas Küche“, wenn man es so ausdrücken darf. Dieser fügt er aber mit den verfeinerten Zutaten eine Leichtigkeit hinzu, die nicht nur für den Gaumen wohltuend ist.
Bartolini und sein Restaurant sind also die hellsten Sterne am Firmament der Mailänder Restaurantszene. Aber nicht die einzigen. Gleich hinter dem „Bartolini al Mudec“ reihen sich drei weitere mit 2 Michelin Sternen und 16 mit einem Stern.
Kein Wunder also, dass Mailand mittlerweile zu den unter den weltweiten Metropolen mit den besten Bedingungen um ein Restaurant zu eröffnen, auf Platz 4 steht. Unbedingt hinzugefügt muss dann noch werden, dass die Ausstattung der Lokale ein weiterer Plus Punkt sind. Und wie könnte es anders sein, immerhin ist Mailand noch immer die Designmetropole schlechthin.