Gänse und Co als Hilfsarbeiter

Leidenschaft für den biologisch, biodynamischen Weinanbau und Rückbesinnung auf traditionell-tierische Bewirtschaftungsmethoden. Umgesetzt in einem 14 Hektar großen Versuchsweinberg. Mit Tendenz zur Vergrößerung und im Rahmen eines agrarwissenschaftlichen Forschungsprojekts der Universität von Perugia. Das lebt der Winzer Roberto Di Filippo auf einem Teil seines in Umbrien, nordwestlich von Assisi in Cannara, gelegenen Weinguts. Gemeinsam mit seinen menschlichen und tierischen Helfern.

Wer den vierzehn Hektar großen Versuchsweinberg von Roberto di Filippo besucht, trifft dort auf eher unerwartete Mitarbeiter: Freilaufende Gänse und kräftige Arbeitspferde. Die Gänse, zu Hochzeiten der Weinproduktion sind es rund 400, die sich auf einer Fläche von vier Hektar frei bewegen dürfen, suchen am Boden zwischen den Rebstöcken nach Fressbarem. Ihrem Instinkt folgend, vertilgen sie was ihnen in den Schnabel kommt und vernichten dabei, was im Weinberg gemeinhin als Unkraut gilt und ohne die Gänse mühsam entfernt werden müssten. Und weil was oben reingefressen wird irgendwann unten wieder raus kommen muss, lassen sie ganz nebenbei ihre Ausscheidungen auf den Boden fallen. „Ein absolut natürlicher Dünger, eine große finanzielle Einsparung im Vergleich zu künstlichem Dünger und viele Schädlinge an den Weinstöcken werden durch die Gänse gleich mit vernichtet“, erklärt Cesare Castellini, Projetkoordinator und Dozent an der Fakultät für Agrarwissenschaften, Ernährung und Umwelt der Universität von Perugia, den Vorteil der gefiederten Fress-Düng-Maschinen.

Die Liebe von Roberto Di Filippo für tierische Helfer beschränkt sich nicht nur auf die Gänse. In Rumänien habe er den Vorteil für den Einsatz von Arbeitspferden zuerst schätzen gelernt und anschließend dort die notwendigen Fähigkeiten für den richtigen Einsatz der Pferde zur Weinbergbewirtschaftung erworben, erklärt Di Filippo. Mittlerweile ist er selbst ein Experte in Sachen Arbeitspferde im Weinberg und hat zahlreiche Geräte, die er für den Einsatz mit den Pferden benötigt, selbst entwickelt. Aus einem anfangs nur einen Hektar großen Versuchsweinberg, in dem er 2009 erstmals die Arbeitspferde einsetzte, ist mittlerweile ein vierzehn Hektar großer Versuchsweinberg geworden. Damit bewirtschaftet er rund die Hälfte seines insgesamt 30 Hektar großen Weinguts weitgehend ohne mit Traktoren zwischen den Weinstöcken hin und her zu fahren. Im nächsten Jahr, soll der Versuchsweinberg noch größer werden. Anfangs habe ihn an der Idee, die Pferde zur Weinbergbewirtschaftung einzusetzen, vor allem fasziniert, dass die Pferdehufen die Erde zwischen den Weinstöcken nicht so zerstören würden wie die grobprofiligen Traktorreifen. Inzwischen hat die Erfahrung bewiesen, dass der Einsatz der Pferde auch finanziell gesehen Vorteile bringt.

Vier Arbeitspferde sind für di Filippo derzeit im Weinberg im Einsatz. Ein Fohlen rückt nach und wird langsam in die anstehenden Aufgaben eingelernt. Und wie die menschlichen Kollegen haben auch die tierischen Helfer ihre festen Arbeitszeiten und genießen ihren Arbeitsschutz, weshalb auch im Versuchsweinberg nicht komplett auf den Einsatz von Traktoren verzichtet wird. „Die Pferde sind in Zwei-Stundenschichten am Arbeiten“, erklärt der Bio-Winzer. Und werden nicht eingesetzt, wenn die Weinstöcke gegen Schimmelbefall gespritzt werden. Gemäß des Bioanbaus, dem sich der Winzer verschrieben hat, wird als Spritzmittel zwar nur Kupfer verwendet, aber auch das sollten die Pferde nicht einatmen. Also kommt wird dafür der Traktor angelassen. Wie für das erste Aufbrechen der nach einem heißen Sommer trocken und hart gewordenen Erde auch. Die Gänse spazierten die Weinbausaison über – acht Monate lang – täglich rund acht Stunden durch ihren Teil des Versuchsweinbergs, um danach freiwillig in ihren Stall zu gehen, erklärt Di Filippo weiter. Mit Saisonende naht für die Gänsehilfsarbeiter dann allerdings auch das Lebensende. Nichts für zarte Seelen, für die Liebhaber hochwertiger Geflügelsalami allerdings schon. Denn die Gänse im Weinberg sind nicht nur für den Weinbau von Vorteil, sondern auch für die Fleischqualität wie Cesare Castellini von der Universität Perugia erklärt: „Das Fleisch der im Weinberg gezüchteten Gänse hat beispielsweise einen signifikant hohen Anteil an antioxidativen Bestandteilen wie beispielsweise die Omega-3-Fettsäure“.


Anfang Oktober wurde das Forschungsprojekt „one goose revolution“ der Universität Perugia auf der „Fá la cosa giusta!“ – zu übersetzen mit „Tu das Richtige!“ – vorgestellt. Eine Messe für verantwortungsvollen Konsum und nachhaltigen Lebensstil. Und genau darum geht es in diesem Projekt auch, das letztendlich nichts anderes tut, als eine antike Praxis zu reaktivieren und neben der Gänsehaltung auch zu Enten-, Puten- und Hühnerhaltung forscht. Wobei die Gänse und Enten im Weinberg besser gedeihen, während sich Hühner und Puten in Olivenhainen wohler fühlen. Für Di Filippo ist jetzt bereits klar, dass die Art wie er seinen Versuchsweinberg bewirtschaftet positiv zu bewerten ist und dem Trend zur Einsparung von Manpower entgegenläuft. „Wir haben eine rund 30%ige Ressourceneinsparung, eine bessere Fleischqualität der Gänse, eine bessere Bodenqualität im Weinberg und laufen unter ethnischen Gesichtspunkten gegen den Trend, weil wir für diese Art der Bewirtschaftung mehr Personal einstellen müssen“, so Roberto Di Filippo.

Ein Grund mehr, mit uns eine Genussreise nach Umbrien zu planen!

Super Idee.
Funktioniert natürlich nur im Bio(dynamischen) Weinbau und unter bestimmten Voraussetzungen (zusammenhängende Flächen…)
Toller Ansatz. DEN Wein (und dann auch gleich noch die Salami dazu) zu vermarkten macht sicher Spaß!

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