Jetzt spricht auch in Mailand der Espresso Amerikanisch. Lange hat sich die amerikanische Starbucks Kaffeehauskette gescheut nach Italien zu kommen. Zu groß der Gegenwind, zu riskant es mit der italienischen Espressokultur aufzunehmen. Doch irgendwann fiel der Entschluss es doch zu versuchen. Na ja, nicht gleich in Neapel, wo der Kaffee einen Kultstatus genießt und wo alles was nicht ein Espresso ist, verpönt wird. Starbucks hat sich für die norditalienische Metropole Mailand entschieden.
Ende September war es dann soweit. Endlich fiel der „Schleier“ vom ehemaligen Gebäude der Mailänder Zentralpost in der Piazza Cordusio. Ein wunderschöner Bau aus dem Ende des 19. Jahrhunderts und keine 100 Meter vom Dom entfernt. Doch was zum Vorschein kam war kein normales Starbucks Lokal. Von wegen minimalistisches Design, wie man es aus den 28.000 weltweit verstreuten Ablegern gewöhnt ist. In Mailand, der Stadt der Mode und des Designs, hat Starbucks ganz groß ausgeholt und den Mailändern gleich eine Reserve Roastery beschert. Alles in allem etwas pharaonisch und deswegen eine Luxusattraktion, vor der die Touristen Schlange stehen. Apropos, von diesen Röstereien gibt es weltweit nur zwei weitere: eine in Seattle und eine in Shanghai.
Wie alles vor fast 40 Jahren gerade in Mailand begann.
Will man der Geschichte Glauben schenken, so soll ein Besuch der Mailänder Messe in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts Howard Schultz – der Gründer von Starbucks – auf die Idee gebracht haben, eine Kaffeehauskette im Italian Style auf die Beine zu bringen. Eine Idee die – wie man weiß – dann eine Erfolgsstory wurde.
Hier in der Roastery ist es aber ein ganz neues Erlebnis (außer man war schon in der in Seattle oder in der in Shanghai). Das Lokal erstreckt sich auf 2.300 m2 und was die Einrichtung betrifft – man fühlt sich irgendwie in Tim Burtons Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ versetzt – wurden keine Spesen gescheut. Man braucht sich ja nur die gigantische Röstmaschine anzusehen und die Glasröhrenparade über den Tresen: man denkt automatisch an eine Orgel. In jeder Röhre befindet sich eine erlesene Bohnensorte. Doch schon der Eintritt in die Roastery, mit Willkommensgruß der Türsteher, gleicht dem in das Ritz Hotel in Paris.
Im unteren Bereich, wo es auch allerlei Gadgets zum Kaufen gibt (Tassen, Taschen, t-Shirt usw.), ist die Bedienung amerikanisch, will heißen man geht zuerst zur Kasse, gibt die Bestellung ab, zahlt und nennt seinen Vornamen. Wenn es dann so weit ist wird man aufgerufen und holt sich sein Tablett. Im hinteren oberen Bereich, der eigentlich für das Aperitivo am frühen Abend gedacht ist, wird man stattdessen auf die klassische italienische Art bedient: man bestellt und erst nachdem man den Espresso getrunken hat, bezahlt man.
Das Personal ist sehr jung, im Durchschnitt um die 25 Jahre alt. Jede/r trägt ein Namenschild auf dem auch die Herkunftsstadt steht: Neapel, Rom, Mailand, aber auch London, Sao Paolo, Frankfurt.
Alles perfekt also, wäre da nicht der Preis, über den sich besonders die Mailänder beschweren. Dabei geht es nicht so sehr um die 1,80 Euro für den Espresso am Tresen (der anderswo im Stadtzentrum maximal 1,50 Euro kostet), sondern um die 4,50 Euro für einen Cappuccino. Dass Bohnen aus Fair Trade Plantagen mehr kosten ist verständlich, doch warum dieser hohe Preiszuschlag beim Cappuccino?
Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Besuch in der Roastery. Ach ja, und wer sich nach einem herkömmlichen Starbucks sehnt, dessen Wunsch wird auch erfüllt. Mittlerweile wurde auch ein „normales“ Starbucks eröffnet, und zwar in Corso Garibaldi, einen knappen Kilometer von der Roastery entfernt.