Espresso, aber richtig

Die Bohnenmischung, die Röstung, der Mahlgrad, die Wassertemperatur und der Wasserdruck, aber auch die Sauberkeit der Maschine, und, und, und… Rund 60 verschiedene Faktoren machen einen guten Espresso aus, wie Andrea Illy, in einem kürzlich in der Welt am Sonntag veröffentlichten Interview, erklärt hat. Und Illy muss es wissen. Denn der Italiener ist nicht nur selbst bekennender Espresso-Liebhaber, sondern gleichzeitig Spross der gleichnamigen Kaffeedynastie und Präsident der Università del caffè in Triest. Dort dreht sich von der Bohne über den Barista bis hin zum Espresso alles um Kaffee. Ein Schulungszentrum soll Kaffeebauern unter anderem auf den technisch neusten Stand des Kaffeeanbaus bringen, Profis erlernen die Geheimnisse der richtigen Kaffeezubereitung, Kaffeeliebhaber und Genießer können sich in Sachen Kaffeearoma und Kaffeegenuss fortbilden und zu echten Kaffee-Connaisseuren werden, wie die Università del caffè in eigener Sache wirbt.

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Als Fachmann für Kaffee, oder genauer gesagt für Espresso, ist Andrea Illy ein Verfechter der kleinen, speziellen Porzellantasse für Espresso. Auch wenn er, wie er im Interview gegenüber der Welt am Sonntag erklärt hat, durchaus auch selbst das ein oder andere Mal seinen Espresso aus einem Plastikbecher getrunken habe. Eigentlich ein No-Go, wenn auch eines, dass gerade in Italien, weit verbreitet ist. Schuld daran, dass ein Espresso aus dem Plastik-, oder wie Illy findet noch schlimmer aus dem Pappbecher, nie richtig schmecken könne, seien die Temperatur, die Aromen und die Crema. Die Trinktemperatur des Espressos ist aus dem Papp- oder Plastikbecher höher als aus der Porzellantasse. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung der Aromen aus. Schlimmstenfalls verbrennt sich der Espressotrinker auch noch den Gaumen. Die, im Unterschied zur Espressotasse aus Porzellan, andere Form der Papp- und Plastikbecher verändert außerdem die Crema.

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Espresso ist und bleibt Espresso. Wenn er aus derselben Bohne, mit derselben Maschine und vom selben Barista zubereitet wird, schmeckt er – ob aus Porzellan, Pappe oder Plastik – immer gleich. Von wegen! Der Espresso per se ist zwar derselbe, aber die höhere Trinktemperatur aus dem Plastik- oder Pappbecher lässt den Espresso saurer schmecken. Die veränderte Crema bitterer. „Die bittere Wahrnehmung liegt an der Crema, die aus kleinen Öltröpfchen und Bläschen besteht, die die Geschmackspapillen der Zunge wie eine Schicht bedecken Wenn die Crema zerstört ist, treten die anderen Aromen des Kaffees stärker zutage“, erklärt Andrea Illy. Und fügt hinzu, die spezielle Form der Porzellanespressotasse sei optimal, um die Spannung der Crema zu erhalten. Wer schon einmal einen Espresso mit guter, schaumig-samtiger Crema getrunken hat, wird dieser Aussage zweifellos zustimmen.

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Den Kapselsystemen, auf die mittlerweile viele Kaffeefans schwören und die gleichzeitig von vielen Umweltschützern, zu Recht, als umweltschädigend verdammt werden, gibt Kaffeeexperte Illy übrigens für den Hausgebrauch eine gute Note. Der Grund: Die eingangs erwähnten rund 60 verschiedenen Faktoren, die zum Gelingen eines Espressos beitragen. Nicht zu vergessen, ein gut ausgebildeter Barista und eine gute Maschine, die überdies um die 200 Tassen täglich machen muss, damit die Qualität stimmt. Weil diese Grundbedingungen wohl auf keinen Privathaushalt zutreffen, sei die Kapsel eine geschmacklich optimale Alternative, weil sie die Meisterschaft des Barista in einer technischen Lösung vereine.

Die Università del caffè hat neben ihrem Hauptsitz in der Kaffeestadt Triest, in die auch eine unserer Genussreisen führt, übrigens 20 Standorte weltweit. In Deutschland ist sie in München vertreten.

Quelle: Clark Parkin, Welt am Sonntag

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