Das rote Gold des Ätna

Immer wieder spuckt es aus dem Ätna, an die 150 Vulkanausbrüche sind geschichtlich belegt. Und noch immer dampft und spuckt er, als wäre Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiede, weiter am Werk. Schon die alten Griechen schwärmten vom außergewöhnlichen Gedeihen entlang der schwarzen Hänge, von Europas größtem noch aktiven Vulkan. Hier Weingärten, etwas weiter Pistazienhaine, und natürlich immer wieder Zitronen- und Orangenbäume. Wer sich selber ein Bild von den fruchtbaren Feldern im Schatten des Vulkans machen will, der kann in Catania, Siziliens zweitgrößter Stadt in die Circumetnea, die alte eingleisige Bahn, einsteigen und bis Riposto, den Vulkan umfahren. An die vier Stunden dauert die Fahrt und sie lohnt sich wirklich. Ab und zu sollte man auch aussteigen. Zum Beispiel in Bronte, von wo über 90 Prozent der italienischen Pistazien stammen. Aber hierzu bei nächster Gelegenheit.

Hier geht es um eine andere Geschichte. Und zwar um die von einem 35-jährigen Sizilianer der sein Glück mit dem Anbau von Safran versucht. Es war schon immer Andrea Salanitris Traum, sich hier am Fuße des Ätna, wo sein Zuhause ist, einmal ein Stück Erde am Hang des Ätna zu kaufen. Ein Traum, der so tief in ihm saß, dass er auch eine Zeitlang nach Saudi Arabien ging, um dort als Techniker für den italienischen Mineralölkonzern Eni zu arbeiten und so das nötige Startkapital zusammenzusparen. Und endlich war es dann so weit, er konnte nach Randazzo zurück, wo noch seine Eltern und seine Schwester leben.

Salanitri lädt zu einem Rundgang auf seinem Grundstück ein. Heute besitzt er 3 Hektar Land im nahegelegenen Ort Contrada Tartaraci. „Da die Nussbäume, dort die Äpfel- und Birnenbäume, die sind alle von selbst aus der Erde geschossen“, sagt er stolz. Beim Betreten seines Grundstücks hört man aufgeregtes Gänseschnattern, Hühner laufen hin und her, während unter den Olivenbäumen Schafe gemächlich weiden. „Das sind meine Landarbeiter, sie halten mir den Grund instand“, erklärt Andrea. „Ich betreibe nämlich Permakultur: die Hühner scharren und picken, die Gänse zupfen und die Schafe fressen das Gröbste weg. Und alle zusammen düngen sie den Boden“.

Als er den Grund kaufte, wusste er eigentlich noch nicht recht was er anbauen wollte. Auf den Safran kam er zufällig bei einem Spaziergang. Da entdeckte er inmitten wildem Pfefferminz und Fenchel ein paar lila Safranblüten. „Das ist es“ dachte er und machte sich an die Arbeit. Er begann mit 500 Kolben. Mittlerweile sind es 1500 aus denen er „100-prozentig reinen Safran“ gewinnt, wie man auch auf dem schicken Etikett „La Contessa dell’Etna“ liest. „Der Name hat mit der Wolke zu tun, die hie und da über dem Vulkan schwebt. Sie erinnert mich an den Hut einer Gräfin“.

Eine leichte Arbeit ist der Safrananbau aber nicht. Wenn die Blütenzeit kommt, also in der ersten oder zweiten Oktoberwoche, muss in wenigen Wochen eine Mordsarbeit geleistet werden. „Und die beginnt schon bei der Ernte, denn damit der Stempel unbeschädigt bleibt, muss man die Blüten noch geschlossen ernten.“ Der Tag beginnt also schon im Morgengrauen, und die Ernte dauert mehrere Stunden mit gebücktem Rücken über den Pflanzen. An die hunderttausend Blüten am Tag sind es manchmal. Danach heißt es, die Stempel von den Blättern trennen. Das ist Frauenarbeit: „Denn sie handhaben die Blüten viel sachter“ fügt Salanitri hinzu. Danach ist er wieder am Zug. Noch am selben Tag muss er die Stempel dehydrieren, dazu verwendet er einen Holzofen. „Das Holz gibt dem Safran nämlich eine ganz besonders angenehme Note“. Dieses Prozedere kann bis tief in die Nacht hinein dauern.

Noch sei er finanziell nicht über den Berg, sagt Salanitri, müsse immer wieder auch Arbeiten im Ausland annehmen. Derweil kümmert sich sein Vater um den Grund. Doch wenn er sich vom Brandanschlag nicht hat vertreiben lassen warum sollte er jetzt aufgeben? “Das Feuer wurde kurz nachdem ich den Grund gekauft hatte angesteckt. Früher bediente sich hier jeder nach Herzenslust, die einen sammelten Obst, die anderen Nüsse, Oliven oder Holz ein. Und da das nicht mehr möglich war, wollte man mich verjagen.“

Mittlerweile hat er sich auch unter dem Namen „La Contessa dell’Etna” im Netzwerk Workaway eingetragen, wer sich also an diesem Unternehmen beteiligen will, ist gerne willkommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert