Auch die Politik geht durch den Magen

Eigentlich ist es ja die Liebe die durch den Magen geht. Aber mittlerweile nicht nur, jetzt ist es auch die Politik. Zumindest in der norditalienischen Lombardei. Die von der nationalistischen Lega geführte Regionalregierung hat Mitte Juni nämlich ein Gesetz verabschiedet, demzufolge von nun an die Agriturismo“, also die landwirtschaftlichen Betriebe, die auch Gästezimmer zur Verfügung stellen und ihre Besucher mit  Speise und Trank versorgen, nur mehr regionale Produkte auf den Tisch bringen dürfen.

Dagegen, dass besonders in diesen Gastbetrieben die regionalen Produkte bei Speisen und Weine bevorzugt werden, ist natürlich nichts einzuwenden. Wobei das sowieso schon Brauch ist. Warum sollte jemand der gerade am Como Seeoder im Oltrepo’ Pavese Urlaub macht oder auch nur ein Wochenende verbringt,  „Spaghetti cacio e pepe“ (Spaghetti mit Käse und Pfeffer), eine römische Spezialität, serviert bekommen oder gar sizilianische „Arancini“ (Reisbällchen mit Fleischsoße)? Warum sollte ihm ein aus Apulien stammender „Primitivo di Manduria“ eingeschenkt werden oder ein toskanischer „Morellino di Scansano“?

Die Agriturismo gibt es ja gerade damit der Stadtmensch, der normalerweise mit dem was ihm die Supermärkte, sprich Großmärkte liefern Vorlieb nehmen muss, zumindest während seiner wohlverdienten Auszeiten von der Arbeit auch auf den Genuss selbst gezogener und frisch geernteter Produkte kommt.

Und so halten es eigentlich auch die meisten 1.688 Agriturismo in der Lombardei, die zum Großteil zwischen Brescia, Mantua und Pavia liegen. Weingenießer fahren zum Beispiel in die Gegend vom Oltrepò Pavese wo, fast 70 Prozent des lombardischen Weins hergestellt wird: zu seinen erlesensten Weine gehören unter anderem die Sorten „Bonarda, Buttafuoco, Pinot Grigio, Sangue di Giuda“. Und nicht anders ist es bei den Speisen. Angefangen bei der „Cassoeula“, einem Eintopf aus verschiedenen Schweinefleischstücken und Kohl (ein Gericht für die kalten Jahreszeiten), oder dem „Bollito“, dem Tafelspitz mit „Mostarda“, einer süßscharfen Beilage und, nicht zu vergessen den „Risotto“, die typisch lombardische Reisvorspeise. Um dann sind da noch die vielen Wurst- und Käsesorten.

Doch obwohl die Agriturismo die heimischen Produkte vorziehen, gab es auch regionale Ausschweifungen, vornehmlich um die ausländischen Gäste zu befriedigen. Es konnte also sehr wohl auch ein „Chianti“ auf der Speisekarte stehen oder ein schäumender „Lambrusco“, der genau an der Grenze zwischen der Lombardei und der Emilia Romagna hergestellt wird. Dasselbe gilt auch für den Rohschinken „Culatello“,der bei Parma zu Hause ist oder für den „Parmigiano Reggiano“. Von nun an darf nur mehr der „Grana Padano“ auf den Tisch. Und was Fischspeisen betrifft, so wird es keinen Meeresfische mehr geben, denn wie man weiß grenzt die Lombardei nicht ans Meer. Zwar gehörte Fisch noch nie zu den meistbegehrten Gerichten in diesen Landwirtschaftsbetrieben, von jetzt an gibt es aber ausschließlich See- oder Flussfisch.

Das neue Gesetzt schreibt vor, dass diese Gaststätten im Laufe des Jahres nur Speisen servieren dürfen die zu 80 Prozent aus Regionalprodukten bestehen. Die restlichen 20 Prozent sollen mit Kaffee, Zucker und Salz gedeckt werden, also mit Produkten die unersetzlich sind aber in der Region nicht hergestellt werden. Der Landwirtschaftsverband Coldiretti erklärt sich mit diesem Gesetz zufrieden: „Damit schützen wir die hiesigen Landwirte und jene Agriturismo-Betreiber die in diesem Sinn arbeiten“. Anders sieht es so mancher Chef. Theo Penati der das ein Stern Restaurant Pierino Penati führt und von seinem Großvater nicht weit von Mailand, in Viganò Brianza eröffnet wurde, hat zwar selber einen Gemüse- und Obstgarten, meint aber, dass die Schlaumeier wie immer einen Weg finden werden das Gesetz zu umgehen. „Wie will man überhaupt kontrollieren, dass sich die Agriturismo daran halten“ fragt er in einem Interview mit der Tageszeitung „la Repubblica“. Der Komiker Alberto Petrucco verwandelt stattdessen seine Frage in eine Pointe: „Und wie sieht es mit dem Wild aus? Wer kann versichern, dass es nicht gerade aus der Emilia Romagna kommt, oder aus dem Veneto?“. Na ja man wird sehen wie die neue Verordnung umgesetzt wird. Zum Glück wird nie so heiß gegessen wie gekocht.

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